Kinder trösten spielend – Aktion “Sternchengrab” auf dem Friedhof Schalksmühle

Wenn Kinder still geboren werden, ist nicht nur ein Leben verloschen, bevor es richtig begonnen hat. In der Vorstellung der werdenden Eltern war dieses Kind bereits ein Teil der Familie – der Name wurde ausgesucht, das zukünftige Kinderzimmer freigeräumt oder nach einer neuen Wohnung gesucht, vielleicht bereits erste Anschaffungen gemacht, die Elternzeit geplant. Freunde und Familie, ggf. auch Geschwisterkinder, haben das wachsende Leben begleitet. Diese Vorfreude und die Vorstellung von einer gemeinsamen Zukunft sterben mit dem Kind. Die Eltern stehen nicht an einer Wiege, sondern an einem Grab.

Friedhöfe sind Orte der Trauer. Sie sollten diese aber nicht festhalten und unterstützen, sondern mit ihrer Gestaltung tröstend wirken. Für den Friedhof in Schalksmühle hatten wir gemeinsam mit unserem Netzwerkarchitekten Roland Pfeiffer aus Halver daher bereits im Rahmen der Friedhofskonzeption und dann vertiefend in der weiteren Durchplanung einen besonderen Ort vorgeschlagen: Das Sternenkindergrab sollte vom kindlichen, spielerischen Element und der Lebensfreude der Kleinkinderjahre geprägt sein, wie ein Echo aus der nicht stattfindenden Zukunft. Eltern sollen ihr Sternenkind künftig nicht in trostlos schwarzer Erde, sondern unter Blumen und Farben ruhend wissen.

Die Beerdigung eines Sternenkindes kann ein sehr einsamer Akt sein. Bei anderen Bestattungen gibt es Trauergesellschaften, der Verstorbene war allen bekannt, man kann sich gemeinsam erinnern, sein Leben gemeinsam feiern und den Tod gemeinsam tragen, sich gegenseitig trösten. Diese Gemeinschaft der Hinterbliebenen fehlt naturgemäß beim Tod eines ungeborenen Kindes. Eltern erfahren Zuspruch, aber mit der Vorstellung von und der Liebe zu ihrem Kind bleiben sie allein.

Die konkrete Ausgestaltung des Sternchengrabes sollte darum unter Beteiligung von Kindern stattfinden, die so die Kindergruppe repräsentieren, in der das Sternenkind nicht hat aufwachsen dürfen: Mit kleinen Grüßen und Zeichnungen für die Sternenkinder und ihre Eltern und vielleicht Geschwister, auf bunte Träger gemalt und am Sternchengrab aufgehängt. Sie bilden auf diese Weise stellvertretend eine (kindliche) Trauergemeinschaft und stehen virtuell an der Seite der trauernden Familie.

Abb. 1: Gruppenbild der Kindergartenkinder aus dem Kindergarten “Junges Gemüse”, Schalksmühle, v. l. n. r. Linus, Mathilda, Tilo und Hannah. Die Kindergartenkinder haben gemeinsam auf dem Friedhof in Wippekühl bemalte Plexiglasplatten über dem Sternchenfeld aufgehängt.
Foto: Carolina Ludwig, Quelle: 1

Friedhofsverwaltung und Arbeitskreis begeisterten sich sofort für diese Ideen und den von uns gelieferten Gestaltungsvorschlag. Die Umsetzung sollte mit Beteiligung der örtlichen Grundschulen und der „Arche“ stattfinden. Wir gingen davon aus, dass auch die Schulen die Gelegenheit gerne aufgreifen und die Themen „Tod“ und „Friedhof“ ganzheitlich in den Unterricht einbauen würden. Die Corona-Pandemie stoppte leider das Vorhaben, das für längere Zeit „auf Eis“ gelegt werden musste.

Christiane Dix, Verwaltungsfachangestellte im FB Planen und Bauen, und Friedhofsmitarbeiter Burkhard Weber, ein gelernter Garten- und Landschaftsbauer, gaben jedoch nicht auf. Mit viel Eigeninitiative und Zeitinvest kümmerten sie sich darum, dass der bauliche und organisatorische Rahmen geschaffen und die Materialien für die Mitmachaktion der Kinder beschafft wurden.

Abb. 2: Skizze Sternchengrab, erstellt von Elke Chmella-Emrich, Leitung Architektur, WEIHER – Die Friedhofexperten

Unterstützung für die Mitmachaktion selbst erfuhr die Verwaltung von verschiedenen Institutionen und Menschen: Die Caritas übernahm unter dem Motto „Zeitgeschenk“ die Organisation, die Ausführung erfolgte durch Johanna Schwarte vom Kinder- und Familienhospizdienst. Die Kinder des örtlichen Kindergartens schließlich fertigten gemeinsam mit Leiterin Nina Gregorz die bunten Grüße an. Sie haben alle Erwartungen „spielend“ erfüllt. Die Durchführung, die uns zu Projektbeginn doch einiges Kopfzerbrechen gemacht hatte, lief so erstaunlich einfach ab.

Abb. 3: Kindergartenkind Tilo hängt mit Friedhofsmitarbeiter Burkhard Weber bemalte Plexiglasscheiben auf. Foto: Shada Karnib, Quelle: 2

Christiane Dix schildert die Veranstaltung: „Bei uns war es wirklich ganz unproblematisch. Ich habe das Thema in den Kindergärten einmal angesprochen. Der Kindergarten einer Elterninitiative hat dies ohnehin als Thema mit den Vorschulkindern geplant. Zurzeit bietet der Caritas Verband dieses Thema an, so dass ohne große Beteiligung der Gemeinde, mit einer ausgebildeten Fachkraft der Caritas und die Kindergartenleitung, die auch die Absprache mit den Eltern getroffen haben, Gespräche und Projekte mit den Kindern stattgefunden haben.

Ich habe noch für jedes Kind eine Plexiglasplatte zum Bemalen für das Sternchengrabfeld zur Verfügung gestellt und die Kinder haben noch schöne Steine gesammelt, die sie zum Teil als Grabschmuck bemalt haben.

Abb. 4: Kindergartenkind Mathilda mit bemaltem Trauerstein.
Foto: Shada Karnib, Quelle: 3

Wir haben uns dann gemeinsam mit allen auf dem Friedhof getroffen, ich habe die Presse eingeladen und dann haben wir gemeinsam die Trauerhalle besichtigt, das Ehrenmal und einige markante Bereiche auf dem Friedhof. Es gab interessante Gespräche mit den Kindern bzw. die Kinder unter sich, z. B. bei der Besichtigung der Regenbogenstelen: “Das ist doch gar kein Regenbogen! Wir haben keine Sonne und keinen Regen!”

Die Kinder haben viele Fragen gestellt und fanden auch die Arbeit von Herrn Weber interessant und hatten Freude, die Plexiglasplatten mit uns aufzuhängen. Sie knieten zum Teil vor den Grabstätten und haben sich die Steine angesehen und versucht die Inschrift zu lesen oder sind ganz einfach zwischen den Gräbern auf der Rasenfläche herumgelaufen. Zum Abschluss gab es noch kleine Tüten mit Gummibärchen und so sind alle fröhlich und entspannt wieder gefahren.

Es war eine echte Bereicherung für Arbeit und Seele…eben aus Kinderaugen.


Quellenangaben:

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