Quelle: Nürtinger Zeitung, 18.06.2021
Ein Bürgerworkshop befasste sich während eines Strategietages mit dem Wolfschlüger Waldfriedhof
Der Einladung zum Bürgerworkshop „Strategietag Friedhof“ waren kürzlich 35 Wolfschlüger gefolgt. Sie stellten einen Querschnitt aus der Bürgerschaft von Jung bis Alt, Gemeinderäte, Bestatter, ein Steinmetz, Vertreter der Kirchen und die Beteiligten aus der Verwaltung.
WOLFSCHLUGEN (pm). Bürgermeister Matthias Ruckh führte in die Veranstaltung ein. Ganz besonders freute er sich über die Delegation der Jugendlichen vom Kinder- und Jugendreferat in der Begleitung des Erziehers Lenard Kunze. Die Kinder und Jugendlichen hatten sich in einem separaten Workshop im Mai bereits viele Gedanken gemacht, deren Ergebnisse sie mit einbrachten.
Den Abend moderierte Stefan Lubowitzki, Geschäftsführer der Firma Weiher, die sich mit Friedhofsentwicklung befasst. Schon an den Tagen zuvor hatten sich die Friedhofsexperten der Firma zusammen mit der Verwaltung und der Bestattungsaufsicht Firma Riempp ein umfassendes Bild des Waldfriedhofes Wolfschlugen gemacht.
Diese Eindrücke vor Ort und die umfangreichen Vorabinformationen wie Pläne, Gutachten und Kalkulationen fasste die Firma Weiher für die Teilnehmer zusammen. Zunächst war es den Experten wichtig, den Blickwinkel auf das Thema Friedhof zu weiten und ein Gespür dafür zu vermitteln, wie komplex ein gut ausgearbeitetes Friedhofskonzept sein muss, um möglichst viele Interessen zusammenzuführen, aber auch gleichzeitig wirtschaftlich und fachlich sinnvoll in die Zukunft zu schreiten.
Dazu zeigte Lubowitzki sieben Dimensionen auf, die das Friedhofkonzept maßgeblich prägen und sich gegenseitig beeinflussen. Diese wären: Grabangebot, Aufenthalt, Funktion, Wirtschaftlichkeit, Zeit, Marketing und Fläche. Nur wenn diese optimal zusammenspielen, kann ein Friedhof zukunftsfähig und zugleich ansprechend für die Beteiligten sein.
Im Folgenden wurden die Teilnehmer eingeladen, ihre Anregungen, Ideen und Vorschläge zu den Dimensionen zu äußern und auf Moderationskärtchen zu schreiben. Die Vielfalt der Ideen war groß und doch ließ sich eine gemeinsame Richtung feststellen. Besonders wichtig war den Teilnehmern eine barrierefreie Gestaltung des Friedhofs. Dabei wurden vor allem die Verbreiterung der Wege, der Bodenbelag der Wege, die Renovierung der Toiletten, der Eingangsbereich, aber auch die Erreichbarkeit der Gießkannen diskutiert.
Ein großes Thema waren auch die Bestattungsformen. Die Nachfrage nach pflegeleichten Urnengräbern nimmt immer mehr zu. Trotzdem war es den Bürgern wichtig, dass es ansprechendere Gestaltungsmöglichkeiten der Urnengrabfelder gibt. Vorschläge waren unter anderen Urnenfelder in Rondellen anzuordnen, an Bäumen oder in gemischten Grabfeldern mit Tafeln oder Blumen-Ensembles.
Welche Bestattungsformen werden in Zukunft gewünscht?
In diesem Zusammenhang wurde auch das Thema Baumbestattung angesprochen, was sich allgemein großer Zustimmung erfreute. Ein ganz neuer Aspekt, der auf dem Strategietag thematisiert werden sollte, war, den Friedhof auch als einen Ort der Ruhe und der Begegnung wahrzunehmen. Gerade auf dem Waldfriedhof gibt es mannigfaltige Möglichkeiten, eine parkähnliche Struktur anzulegen mit Hecken, Sitzgruppen, Infotafeln oder Pavillons, die dazu einladen auf dem Friedhof zu verweilen und ins Gespräch zu kommen. Dieser Aspekt soll sich mit dem Wunsch ergänzen, dass um die Gräber ein intimer Bereich für die Trauernden geschaffen wird und trotzdem die Möglichkeit zur Begegnung und Kommunikation in anderen Bereichen entsteht.
In diesem Zusammenhang war es vielen Teilnehmern auch wichtig, ein Angebot für die Kinder zu schaffen. Eine separate Spielecke, in der sie sich beschäftigen können, während die Angehörigen trauern oder die Verstorbenen besuchen, war ein vielversprechender Vorschlag.
Die jugendlichen Vertreter brachten ein, dass ein Friedhof auch für Jugendliche ansprechend gestaltet werden sollte. Auch in diesem Alter werden Menschen mit dem Tod von Angehörigen konfrontiert oder suchen Orte, an denen sie in Ruhe, fernab von Schule oder Skaterbahnen, ins Gespräch kommen können.
Ein wichtiges Anliegen war der Bürgerschaft und dem Gemeinderat eine geeignete und ansprechende Gestaltung des Kindergrabfeldes. Ebenso wurden auch Bestattungsmöglichkeiten für andere Kulturen und Religionen diskutiert, wie die Ausrichtung von Gräbern nach Mekka. Hierzu gibt es auf den Friedhöfen umliegender Gemeinden schon Beispiele.
Immer wieder wurde angesprochen, dass ein separates Areal für Tierbestattungen auf dem Friedhof angelegt werden sollte, da die tierischen Begleiter oft eine immens wichtige Rolle für die Menschen spielen. Über die Renovierung und Umgestaltung der Aussegnungshalle ebenso wie die Möglichkeiten, Trauerfeiern auch draußen abhalten zu können, wurde ebenfalls gesprochen.
Danach zeigten Lubowitzki und die Friedhofsarchitektinnen vom Büro Planstadt Senner noch auf, wie die Wirtschaftlichkeit des Friedhofs gewährleistet werden kann und welche funktionalen Schwierigkeiten es gibt. Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist die Bodenbeschaffenheit. Sie bestimmt, an welchen Stellen welche Bestattungsform möglich ist.
Das Bestattungshaus Riempp bestätigte, dass nicht alle Bereiche auf dem Friedhof für Sargbestattungen unproblematisch sind. An vielen Stellen gebe es auch Probleme mit zu viel Wasser im Boden oder so trockenem Boden, dass ein Erdaushub für die Gräber kaum möglich sei. Aus diesem Grund wird die Verwaltung in Kürze ein Bodengutachten machen lassen, damit die Planung auch diese Verhältnisse berücksichtigt. Danach kann dann ein Gräberbelegungskonzept geschaffen werden, nach dem die Friedhofverwaltung strukturiert und strategisch die Grabfelder belegen kann.
Noch vor der Sommerpause möchte der Gemeinderat darüber diskutieren, wie es beim Thema Friedhofskonzept weitergehen soll. Eines wurde an diesem Abend deutlich: Der Waldfriedhof hat enormes Entwicklungspotenzial und liegt den Wolfschlügern sehr am Herzen.